Ernst Weil
Günter Braunsberg: Weils Resümee der Klassischen Moderne, in: Andrea Dippel (Hg.): Ernst Weil. Das malerische Werk, Ausst. Kat. Kunstvilla im KunstKulturQuartier, Nürnberg. Verlag für moderne Kunst, Wien 2020, S. 56 – S. 69
Weils Resümee der Klassischen Moderne
Impressionismus, Fauvismus, Kubismus, Surrealismus, Tachismus – vom späten 19. Jahrhundert bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts spannte sich die Glanzzeit der École de Paris, die in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts ihre Führungsrolle als Hauptstadt der Weltkunst an die New York School abgeben musste. Abstract Expressionism (mit Action Painting und Farbfeldmalerei), Minimal Art und Pop Art sowie die neuen Kunst-Definitionen in Environment, Aktions- und Videokunst zogen mehr und mehr die internationale Kunst-Wahrnehmung auf sich und verstellten lange den Blick auf die späte Blüte der „klassischen“ Pariser Schule.
Ernst Weil war ein Künstler, der die Errungenschaften der europäischen Malerei der Moderne noch einmal in seinem Werk zusammenfasste und, von Paris kommend, in seinen Nürnberger Jahren, 1965 bis 1981, einen ganz persönlichen, durchaus glanzvollen Schlusspunkt unter dieses gewichtige Kapitel der Kunstgeschichte setzte. Es lohnt sich, aus der heutigen historischen Distanz heraus, am Beispiel dieses Künstlers, einen neuen unverstellten Blick auf diese wichtige Phase unserer Vergangenheit zu werfen, in der sich das Ende der Klassischen Moderne überschneidet mit dem Start der Zweiten Moderne, deren Beginn heute gleichgesetzt wird mit den gesellschaftlichen und kulturellen Umwälzungen der Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts. (Abb. 1)
Weils Resümee der Klassischen Moderne
Impressionismus, Fauvismus, Kubismus, Surrealismus, Tachismus – vom späten 19. Jahrhundert bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts spannte sich die Glanzzeit der École de Paris, die in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts ihre Führungsrolle als Hauptstadt der Weltkunst an die New York School abgeben musste. Abstract Expressionism (mit Action Painting und Farbfeldmalerei), Minimal Art und Pop Art sowie die neuen Kunst-Definitionen in Environment, Aktions- und Videokunst zogen mehr und mehr die internationale Kunst-Wahrnehmung auf sich und verstellten lange den Blick auf die späte Blüte der „klassischen“ Pariser Schule.
Ernst Weil war ein Künstler, der die Errungenschaften der europäischen Malerei der Moderne noch einmal in seinem Werk zusammenfasste und, von Paris kommend, in seinen Nürnberger Jahren, 1965 bis 1981, einen ganz persönlichen, durchaus glanzvollen Schlusspunkt unter dieses gewichtige Kapitel der Kunstgeschichte setzte. Es lohnt sich, aus der heutigen historischen Distanz heraus, am Beispiel dieses Künstlers, einen neuen unverstellten Blick auf diese wichtige Phase unserer Vergangenheit zu werfen, in der sich das Ende der Klassischen Moderne überschneidet mit dem Start der Zweiten Moderne, deren Beginn heute gleichgesetzt wird mit den gesellschaftlichen und kulturellen Umwälzungen der Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts. (Abb. 1)
Weils Start als Professor in Nürnberg
In diesen Tagen traf in der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste mit Kisten und Koffern, Bildern und Büchern ein für deutsche Verhältnisse ungewöhnlicher Künstler und Pädagoge ein: Ernst Weil (46). Er verließ sein Domizil und seine prominenten Freunde in Paris, um in der Noris das Erbe von Prof. Wilhelm in der Klasse für freie Malerei in seinem Sinne zu deuten. (…) Dieser Mann ist ein Gewinn für die Nürnberger Akademie und für das kulturelle Leben in dieser Stadt!
(F1) (Abb. 2)
Die Nürnberger Akademie der Bildenden Künste wurde 1662 gegründet. 1820/21 stufte Ludwig I., der nur in seiner Residenzstadt München eine Akademie der freien Künste wünschte, die Nürnberger Einrichtung deshalb herab zur Königlichen Kunstschule, welche sich weiterentwickelte zur Kunstgewerbeschule, die im 19. Jahrhundert ein innovatives, handwerkliches Ausbildungszentrum der aufstrebenden Industriestadt Nürnberg wurde. Allerdings mussten diejenigen Studentinnen und Studenten, welche sich zu freien Künstlerinnen und Künstlern weiterentwickeln wollten, nach München oder an andere Hochschulen abwandern. Im frühen 20. Jahrhundert gab es in Nürnberg keine Akademie der bildenden Künste und somit auch keine Reibungsfläche zwischen akademischer Kunst und Avantgarde, aus der heraus andernorts die Moderne entstand. Innovative Kunst hatte in der fränkischen Metropole lange Zeit keinen Standort.
Im Jahr 1940 erlangte die Kunstgewerbeschule wieder den Rang einer Hochschule. Als „Akademie der bildenden Künste der Stadt der Reichsparteitage“ sollte sie vor allem der nationalsozialistischen Propaganda dienen. Trotz „Entnazifizierung“ ging dieser Akademie noch bis in die 1970er- und 1980er-Jahre der Ruf voraus konservativ und provinziell zu sein.
Dieser Tendenz begann man in den „Malklassen“ weit früher entgegen zu steuern, als in anderen Bereichen der Akademie. 1960 wurde Gerhard Wendland, der 1959 an der II. documenta teilgenommen hatte, als Professor an die Nürnberger Akademie berufen. 1965 folgte die Berufung von Ernst Weil, welcher eine Brücke schlagen sollte von der Kunst-Provinz Nürnberg zur Kunst-Metropole Paris.
In diesen Tagen traf in der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste mit Kisten und Koffern, Bildern und Büchern ein für deutsche Verhältnisse ungewöhnlicher Künstler und Pädagoge ein: Ernst Weil (46). Er verließ sein Domizil und seine prominenten Freunde in Paris, um in der Noris das Erbe von Prof. Wilhelm in der Klasse für freie Malerei in seinem Sinne zu deuten. (…) Dieser Mann ist ein Gewinn für die Nürnberger Akademie und für das kulturelle Leben in dieser Stadt!
(F1) (Abb. 2)
Die Nürnberger Akademie der Bildenden Künste wurde 1662 gegründet. 1820/21 stufte Ludwig I., der nur in seiner Residenzstadt München eine Akademie der freien Künste wünschte, die Nürnberger Einrichtung deshalb herab zur Königlichen Kunstschule, welche sich weiterentwickelte zur Kunstgewerbeschule, die im 19. Jahrhundert ein innovatives, handwerkliches Ausbildungszentrum der aufstrebenden Industriestadt Nürnberg wurde. Allerdings mussten diejenigen Studentinnen und Studenten, welche sich zu freien Künstlerinnen und Künstlern weiterentwickeln wollten, nach München oder an andere Hochschulen abwandern. Im frühen 20. Jahrhundert gab es in Nürnberg keine Akademie der bildenden Künste und somit auch keine Reibungsfläche zwischen akademischer Kunst und Avantgarde, aus der heraus andernorts die Moderne entstand. Innovative Kunst hatte in der fränkischen Metropole lange Zeit keinen Standort.
Im Jahr 1940 erlangte die Kunstgewerbeschule wieder den Rang einer Hochschule. Als „Akademie der bildenden Künste der Stadt der Reichsparteitage“ sollte sie vor allem der nationalsozialistischen Propaganda dienen. Trotz „Entnazifizierung“ ging dieser Akademie noch bis in die 1970er- und 1980er-Jahre der Ruf voraus konservativ und provinziell zu sein.
Dieser Tendenz begann man in den „Malklassen“ weit früher entgegen zu steuern, als in anderen Bereichen der Akademie. 1960 wurde Gerhard Wendland, der 1959 an der II. documenta teilgenommen hatte, als Professor an die Nürnberger Akademie berufen. 1965 folgte die Berufung von Ernst Weil, welcher eine Brücke schlagen sollte von der Kunst-Provinz Nürnberg zur Kunst-Metropole Paris.
Weils Einstieg in die öffentliche Diskussion in Nürnberg
Dem Nürnberger Kunst-Publikum stellte sich Ernst Weil im Mai 1966 in einem Werkstattgespräch mit Franz Gary vor, in dessen Rahmen er auch auf einer bereit gestellten Staffelei eine Auswahl seines bisherigen Schaffens präsentierte:
Sein monologischer Exkurs führte Kritiker und Publikum in eine durchaus subjektive Malwelt ein. Kunst-Interpret Gary als Gesprächspartner tat gut daran, gleich zu Beginn des Vortrags den Künstler selbst zu fragen, ob er seine Bilder für „abstrakt“ oder „gegenständlich“ halte. „Wenn ich jetzt in den Saal spucke, suche ich Kontakt“. Freilich tat Weil es nicht. „Rot“ brennt bei ihm „der Mann“, „es treibt ihn vor, es ist Feuer und bedingt eine kalte Gegenbewegung“. Man ließ sich die Freiheiten des temperamentvoll interpretierenden Malers gerne gefallen. Elastisch federnd stieß der vitale Professor auf dem Podium geballte Fäuste gegen einen imaginären Gegner: „Boxen ist Ballett“. Er demonstrierte dynamische Vorgänge, die in seinen auf der Staffelei aufgestellten „Boxerbildern“ künstlerische Entsprechung finden sollten. Längere Zeit hatte er in einer Boxerhalle gewohnt und das Spiel der Muskeln und die Bewegungen der Athleten beobachtet. Weil will sich dem Impressionismus nahe wissen, ist sich aber der Aufgaben seiner Generation, die den Kubismus kennt und zu verarbeiten hatte, dabei bewusst. Er vertraut auf sein malerisches Auge und glaubt sich mit den Gegenständen, die er malt, inkarnieren zu müssen. (F2) (Abb. 3)
Den Mythos Paris erweiterte Ernst Weil in seiner Präsentation um den Mythos seiner Boxer-Bilder. Er tritt somit nicht nur als Künstler auf, der nach Paris gegangen ist, um die École de Paris unmittelbar kennenzulernen und für seine eigene Werkentwicklung nutzbar zu machen, sondern er positioniert sich ganz eigenwillig und individuell in einem Kontext, der die Vitalität seines Körpers und seines Lebens in direkten Bezug setzt zu seinen künstlerischen Arbeiten. In den folgenden Jahren wurde der Begriff Vitalität zu einem Topos in den Würdigungen der Werke Weils durch die Kritiker.
Mit seiner angedrohten Spuck-Geste wendete sich Weil drastisch gegen die Doktrin der Abstraktion im Sinne reiner Ungegenständlichkeit, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts vielfach als Zielpunkt der Modernen Kunst postuliert wurde. Er stellte sich demonstrativ in eine Impressionismus-Nachfolge, die ihr Fundament im Gegenständlichen beibehält, aber nichts desto trotz an den relevanten Neuerungen der Kunstentwicklung teilnimmt, um daraus eine eigenständige Kunst zu entwickeln, welche die Außenwelt aufgreift und an der Innenwelt des Künstlers reflektiert:
So ergab sich vor den Augen des interessierten Publikums ein reicher Einblick in den Weg von den kubistischen Anfängen über die Phasen einer strengen Abstraktion und einer dem Informel sich nähernden Formenwelt zu einer heutigen Bildwelt, in der sich Abstraktion, Informelles und Aktion einer eigenwilligen Gestaltungsabsicht einordnen. Diese Absicht formulierte der Künstler dahin, dass es ihm darum gehe, den in der reinen Abstraktion gegebenen Gestaltungsverlust durch eine Vitalisierung von Form und Farbe aufzuheben, um eine intensivere Identifikation zwischen dem Erlebnis und dessen Darstellung im Bild zu gewinnen. (F3) Die Malerei wird zum Abbild meines derzeitigen Zustandes, meiner Seele. (F4)
Vitaler Boxer statt orientierungsloser Läufer
Es fällt auf, dass Weil bei seinem Start in Nürnberg einen Bogen schlägt zurück zu seiner optimistischen Anfangszeit in Paris im Jahr 1957. Damals hatte er das Angebot ausgeschlagen als „visiting professor“ für vier Monate an die University of Louisville in Kentucky/USA, zu gehen. Stattdessen brach er nach Paris auf, um „Unbewältigtes“ zu klären. (F5) Seine dort entstandenen Atelier- und Boxer-Zeichnungen würdigte „seine“ Münchner Galerie Kunstkabinett Otto Stangl bereits im April/Mai 1958 mit einer Ausstellung und einem außerordentlich qualitätsvollen Katalog-Heftchen. Weil war gewissermaßen ein Abgesandter der Münchner Kunst-Szene in Paris. Trotz mehrerer Ausstellungen in Frankreich gelang ihm nicht der Durchbruch und die allgemeine Anerkennung innerhalb der Pariser Kunst-Szene. Ab 1960 bremsten ihn persönliche Schicksalsschläge und die grundlegenden Veränderungen der internationalen Kunstszene aus. „Seine“ Boxerhalle war abgerissen und er fand keinen adäquaten Ersatz. Er musste wegen des Verdachts auf Tuberkulose längere Zeit pausieren. 1962 verlor er zahlreiche Bilder beim Brand der Munot-Galerie in Schaffhausen. 1963 wurde er von Marie-Luise Heller (1918-2009) geschieden. Hinzu kam 1964 der Schock der documenta III, den sein Sohn Thomas Weil im Rückblick drastisch beschrieb:
(...) so zog er 1957 dort hin. In der Pariser Künstlerszene mitzuspielen war für einen Deutschen aus dem ehemaligen Nazideutschland besonders schwer und so war es sehr erstaunlich, dass Ernst Weil sich dort gut hielt. Sieben Jahre später ließ die amerikanische Pop Art der 60er Jahre den Stern von Paris als die Kunstmetropole der Welt sinken und innerhalb von einem Jahr interessierte sich niemand mehr für Kunst von dort. Folgerichtig suchte Ernst Weil sich eine neue Bleibe und ging nach Deutschland zurück. Er wurde 1965 Professor an der Akademie in Nürnberg. (F6)
Es ist bemerkenswert, dass Weil das letztendliche Scheitern seines Aufenthalts in Paris ausblendete, als er sich der Nürnberger Öffentlichkeit als Kenner der Pariser Kunst-Innovationen präsentierte. Er stellte die vitalen, kraftvollen Boxer-Bilder seiner optimistischen Pariser Frühzeit heraus, und nicht die orientierungslosen Läufer-Bilder seiner von Existenzängsten geplagten späteren Jahre in Frankreich:
Die Gestalten sind alle zu Laufenden mutiert, die sich ganz natürlich aus der dynamischen Bewegung der Boxer entwickelt haben. Sie hetzen vor der Folie von Landschaften ohne sichtbares Ziel über die Leinwand. Die Realität ihrer äußeren Erscheinung ist in ein buntes Fleckenwerk von Kraftfeldern aufgelöst. Diese immer wiederkehrenden laufenden Figuren haben das Bild eines in sich gesammelten, gefestigten Energiebündels, des Boxers, abgelöst. Und so wie der Boxer Methapher des Lebenskampfes war, dem sich Weil in der Kunstmetropole enthusiastisch gestellt hatte, so ist der Läufer als Synonym der Ziel- und Orientierungslosigkeit der letzten Jahre in Frankreich zu deuten. Sie sind mit ihrer Flucht auch Ausdruck dafür, dass Weil dieses Sparringmatch in Paris verloren hatte. (F7) (Abb. 4)
Dem Nürnberger Kunst-Publikum stellte sich Ernst Weil im Mai 1966 in einem Werkstattgespräch mit Franz Gary vor, in dessen Rahmen er auch auf einer bereit gestellten Staffelei eine Auswahl seines bisherigen Schaffens präsentierte:
Sein monologischer Exkurs führte Kritiker und Publikum in eine durchaus subjektive Malwelt ein. Kunst-Interpret Gary als Gesprächspartner tat gut daran, gleich zu Beginn des Vortrags den Künstler selbst zu fragen, ob er seine Bilder für „abstrakt“ oder „gegenständlich“ halte. „Wenn ich jetzt in den Saal spucke, suche ich Kontakt“. Freilich tat Weil es nicht. „Rot“ brennt bei ihm „der Mann“, „es treibt ihn vor, es ist Feuer und bedingt eine kalte Gegenbewegung“. Man ließ sich die Freiheiten des temperamentvoll interpretierenden Malers gerne gefallen. Elastisch federnd stieß der vitale Professor auf dem Podium geballte Fäuste gegen einen imaginären Gegner: „Boxen ist Ballett“. Er demonstrierte dynamische Vorgänge, die in seinen auf der Staffelei aufgestellten „Boxerbildern“ künstlerische Entsprechung finden sollten. Längere Zeit hatte er in einer Boxerhalle gewohnt und das Spiel der Muskeln und die Bewegungen der Athleten beobachtet. Weil will sich dem Impressionismus nahe wissen, ist sich aber der Aufgaben seiner Generation, die den Kubismus kennt und zu verarbeiten hatte, dabei bewusst. Er vertraut auf sein malerisches Auge und glaubt sich mit den Gegenständen, die er malt, inkarnieren zu müssen. (F2) (Abb. 3)
Den Mythos Paris erweiterte Ernst Weil in seiner Präsentation um den Mythos seiner Boxer-Bilder. Er tritt somit nicht nur als Künstler auf, der nach Paris gegangen ist, um die École de Paris unmittelbar kennenzulernen und für seine eigene Werkentwicklung nutzbar zu machen, sondern er positioniert sich ganz eigenwillig und individuell in einem Kontext, der die Vitalität seines Körpers und seines Lebens in direkten Bezug setzt zu seinen künstlerischen Arbeiten. In den folgenden Jahren wurde der Begriff Vitalität zu einem Topos in den Würdigungen der Werke Weils durch die Kritiker.
Mit seiner angedrohten Spuck-Geste wendete sich Weil drastisch gegen die Doktrin der Abstraktion im Sinne reiner Ungegenständlichkeit, die in der Mitte des 20. Jahrhunderts vielfach als Zielpunkt der Modernen Kunst postuliert wurde. Er stellte sich demonstrativ in eine Impressionismus-Nachfolge, die ihr Fundament im Gegenständlichen beibehält, aber nichts desto trotz an den relevanten Neuerungen der Kunstentwicklung teilnimmt, um daraus eine eigenständige Kunst zu entwickeln, welche die Außenwelt aufgreift und an der Innenwelt des Künstlers reflektiert:
So ergab sich vor den Augen des interessierten Publikums ein reicher Einblick in den Weg von den kubistischen Anfängen über die Phasen einer strengen Abstraktion und einer dem Informel sich nähernden Formenwelt zu einer heutigen Bildwelt, in der sich Abstraktion, Informelles und Aktion einer eigenwilligen Gestaltungsabsicht einordnen. Diese Absicht formulierte der Künstler dahin, dass es ihm darum gehe, den in der reinen Abstraktion gegebenen Gestaltungsverlust durch eine Vitalisierung von Form und Farbe aufzuheben, um eine intensivere Identifikation zwischen dem Erlebnis und dessen Darstellung im Bild zu gewinnen. (F3) Die Malerei wird zum Abbild meines derzeitigen Zustandes, meiner Seele. (F4)
Vitaler Boxer statt orientierungsloser Läufer
Es fällt auf, dass Weil bei seinem Start in Nürnberg einen Bogen schlägt zurück zu seiner optimistischen Anfangszeit in Paris im Jahr 1957. Damals hatte er das Angebot ausgeschlagen als „visiting professor“ für vier Monate an die University of Louisville in Kentucky/USA, zu gehen. Stattdessen brach er nach Paris auf, um „Unbewältigtes“ zu klären. (F5) Seine dort entstandenen Atelier- und Boxer-Zeichnungen würdigte „seine“ Münchner Galerie Kunstkabinett Otto Stangl bereits im April/Mai 1958 mit einer Ausstellung und einem außerordentlich qualitätsvollen Katalog-Heftchen. Weil war gewissermaßen ein Abgesandter der Münchner Kunst-Szene in Paris. Trotz mehrerer Ausstellungen in Frankreich gelang ihm nicht der Durchbruch und die allgemeine Anerkennung innerhalb der Pariser Kunst-Szene. Ab 1960 bremsten ihn persönliche Schicksalsschläge und die grundlegenden Veränderungen der internationalen Kunstszene aus. „Seine“ Boxerhalle war abgerissen und er fand keinen adäquaten Ersatz. Er musste wegen des Verdachts auf Tuberkulose längere Zeit pausieren. 1962 verlor er zahlreiche Bilder beim Brand der Munot-Galerie in Schaffhausen. 1963 wurde er von Marie-Luise Heller (1918-2009) geschieden. Hinzu kam 1964 der Schock der documenta III, den sein Sohn Thomas Weil im Rückblick drastisch beschrieb:
(...) so zog er 1957 dort hin. In der Pariser Künstlerszene mitzuspielen war für einen Deutschen aus dem ehemaligen Nazideutschland besonders schwer und so war es sehr erstaunlich, dass Ernst Weil sich dort gut hielt. Sieben Jahre später ließ die amerikanische Pop Art der 60er Jahre den Stern von Paris als die Kunstmetropole der Welt sinken und innerhalb von einem Jahr interessierte sich niemand mehr für Kunst von dort. Folgerichtig suchte Ernst Weil sich eine neue Bleibe und ging nach Deutschland zurück. Er wurde 1965 Professor an der Akademie in Nürnberg. (F6)
Es ist bemerkenswert, dass Weil das letztendliche Scheitern seines Aufenthalts in Paris ausblendete, als er sich der Nürnberger Öffentlichkeit als Kenner der Pariser Kunst-Innovationen präsentierte. Er stellte die vitalen, kraftvollen Boxer-Bilder seiner optimistischen Pariser Frühzeit heraus, und nicht die orientierungslosen Läufer-Bilder seiner von Existenzängsten geplagten späteren Jahre in Frankreich:
Die Gestalten sind alle zu Laufenden mutiert, die sich ganz natürlich aus der dynamischen Bewegung der Boxer entwickelt haben. Sie hetzen vor der Folie von Landschaften ohne sichtbares Ziel über die Leinwand. Die Realität ihrer äußeren Erscheinung ist in ein buntes Fleckenwerk von Kraftfeldern aufgelöst. Diese immer wiederkehrenden laufenden Figuren haben das Bild eines in sich gesammelten, gefestigten Energiebündels, des Boxers, abgelöst. Und so wie der Boxer Methapher des Lebenskampfes war, dem sich Weil in der Kunstmetropole enthusiastisch gestellt hatte, so ist der Läufer als Synonym der Ziel- und Orientierungslosigkeit der letzten Jahre in Frankreich zu deuten. Sie sind mit ihrer Flucht auch Ausdruck dafür, dass Weil dieses Sparringmatch in Paris verloren hatte. (F7) (Abb. 4)
Weil als Akademieprofessor
Die Annahme der Professur in Franken war für Weil ein Rettungsanker. Seiner Berufung nach Nürnberg verdankte er fortan sein Renommee als Künstler und seine finanzielle Sicherheit, welche ihm die Freiheit gab in seinen Nürnberger Jahren ein Resümee seiner künstlerischen Erfahrungen zu entwickeln.
Der 1954 eröffnete, von Sep Ruf entworfene Neubau der Nürnberger Akademie sah vor, dass jede Klasse ein separates Gebäude zur Verfügung hatte, in dem ein Atelierraum für den Professor zur Verfügung stand und ein weiterer für seine Studentinnen und Studenten. Tür an Tür sollte der „Meister“ und seine Schülerinnen und Schüler arbeiten. Ernst Weil nutzte diese Chance von Anfang an, sodass er häufig präsent war und ein Austausch zwischen Lehrendem und Lernenden ohne große Barrieren ermöglicht wurde. Aus heutiger Sicht vertrat Weil eine konservative Ausbildung mit Plaine-Air-Malerei, Stillleben und Akt. Eine Auseinandersetzung mit den formalen Mitteln der Malerei und mit den kunsthistorischen Grundlagen erwartete er von seinen Studenten. Andererseits akzeptierte er bei jeder und jedem Einzelnen den individuellen Ausdruck. Er erwartete keine Anpassung an seinen Stil.
Die Idylle der „Waldakademie“ endete 1968, als die Studenten Mitspracherechte und Neuerungen einforderten. Weil sah durchaus die Notwendigkeit einer Reform und stellte sich nicht von vornherein auf die Seite der konservativen Professoren. Er geriet immer stärker unter Druck. Dies war sicher ein Auslöser für seinen Nervenzusammenbruch und einen anschließenden Klinikaufenthalt 1971.
Aus heutiger Sicht erscheint die Abwehrhaltung der damaligen Akademieleitung völlig unverständlich. Weils Bereitschaft zum Gespräch und seine Offenheit für eine zeitgemäße Weiterentwicklung der Akademie macht ihn zu einem Vorreiter der Idee, dass eine Kunsthochschule ein Ort für Experimente ist, die in die Zukunft gerichtet sind und die Vergangenheit hinter sich lassen sollten.
Weils Werk findet in Nürnberg seine Vollendung
Walter Fenn, der Kritiker und Redakteur der Nürnberger Nachrichten, hob 1989 im Rückblick auf das Lebenswerk von Ernst Weil hervor, dass dieser Künstler in seinen malerisch besten Jahren und dazu gehörten ohne Zweifel seine ersten zehn Nürnberger Jahre - eine Farbkultur beherrschte, die ihn über das Gros der anderen Maler des Nürnberger Raums hinaushob. (F8) Fenn hatte Weil ab seiner Ankunft in Nürnberg ununterbrochen mit Publikationen begleitet, sodass er als unmittelbarer Zeitzeuge hier zitiert werden kann. Er schrieb 1967:
Weil hat sich zwischen den Polen eines gegenstandsnahen Naturalismus und eines gegenstandslosen Konstruktivismus eingependelt: seine Figuren und Landschaften bleiben stets der Ausgangspunkt, werden aber des nur augenblicklichen Anschauungsbildes entkleidet und zur malerischen Quintessenz hin verdichtet: wenn man auf Weil ein Schlagwort münzen wollte, so wäre es das eines abstrahierenden Impressionisten. So wird ihm ein Stück Wald mit gefällten Bäumen und gilbenden Blättern Anlass zur abstrakt scheinenden Farbkomposition, die das Sterben dieses Stücks Natur und zugleich deren zukünftige Wiedergeburt versinnlicht: „Vorfrühling“. (...) Darüberhinaus bleibt ein wesentliches Moment seiner Bilder die fixierte Aktion des Malens, die Verve seines Strichs, die sich dem jeweiligen Charakterbild der Landschaft (...) anpasst.
(F9) (Abb. 5)
Dieses Charakterbild der Landschaft muss keineswegs auf die Natur begrenzt sein. Charakteristisch für Weil war vielmehr die häufige Bezugnahme auf die vom Menschen veränderte Umwelt. In Zusammenhang mit dem Ankauf des Bildes Industrie und Landschaft durch die Sammlung der Stadt Nürnberg notierte Karl Heinz Schreyl folgende Äußerungen Weils:
1968 bin ich mit meiner Frau nach Amberg gefahren, um ihr die Maxhütte zu zeigen und die Stellen, wo ich einige Jahre zuvor Studien für Industriebilder gemacht hatte. Unterwegs hielten wir an einer Autobahnbaustelle, wo, mitten im Wald, mehrere Hütten für Unterkünfte und Gerätschaften und eine Teerkocherei aufgestellt waren. Das Motiv faszinierte mich und ich machte mehrere Bleistiftskizzen. Die Erinnerung an den schwärzlich quellenden Rauch, an das Gestänge wie es auch sonst bei Straßenmeistereien zu sehen ist, die Erinnerung dann auch an die monumentale Kompaktheit industrieller Details der Maxhütte und schließlich das gewellte Land, wie es sich dem in der Umgebung Sulzbach-Rosenbergs Fahrenden darbietet, dies alles formte sich eines Tages im Atelier zu einem Bild. Mein Gemälde „Industrie und Landschaft“ stellt also, wenn Sie so wollen, eine Reiseerinnerung dar. Zugleich entstand es aber auch in der Absicht, etwas von dem beglückenden Gefühl weiterzugeben, welches in mir beim Sehen der genannten Motive ausgelöst wurde. Die Kombination von Erinnerungen ist so zufällig nicht, wie der Laie oft meint, oder wie sich nach dem Gesagten darstellen könnte. Sie ist vielmehr der vorläufige Abschluss eines schöpferischen Prozesses, welcher zum Teil unbewusst, zum Teil durch Arbeitserfahrungen gesteuert, sich vollzieht und welcher das Ziel hat, ein Gefüge von formalen Harmonien und inhaltlichen Bezüglichkeiten zu erzeugen, um die Idee, ein Thema, ein Motiv zu gesteigerter, die Sinne spontan ansprechender Erlebbarkeit zu bringen. (F10) (Abb. 6)
1968 bin ich mit meiner Frau nach Amberg gefahren, um ihr die Maxhütte zu zeigen und die Stellen, wo ich einige Jahre zuvor Studien für Industriebilder gemacht hatte. Unterwegs hielten wir an einer Autobahnbaustelle, wo, mitten im Wald, mehrere Hütten für Unterkünfte und Gerätschaften und eine Teerkocherei aufgestellt waren. Das Motiv faszinierte mich und ich machte mehrere Bleistiftskizzen. Die Erinnerung an den schwärzlich quellenden Rauch, an das Gestänge wie es auch sonst bei Straßenmeistereien zu sehen ist, die Erinnerung dann auch an die monumentale Kompaktheit industrieller Details der Maxhütte und schließlich das gewellte Land, wie es sich dem in der Umgebung Sulzbach-Rosenbergs Fahrenden darbietet, dies alles formte sich eines Tages im Atelier zu einem Bild. Mein Gemälde „Industrie und Landschaft“ stellt also, wenn Sie so wollen, eine Reiseerinnerung dar. Zugleich entstand es aber auch in der Absicht, etwas von dem beglückenden Gefühl weiterzugeben, welches in mir beim Sehen der genannten Motive ausgelöst wurde. Die Kombination von Erinnerungen ist so zufällig nicht, wie der Laie oft meint, oder wie sich nach dem Gesagten darstellen könnte. Sie ist vielmehr der vorläufige Abschluss eines schöpferischen Prozesses, welcher zum Teil unbewusst, zum Teil durch Arbeitserfahrungen gesteuert, sich vollzieht und welcher das Ziel hat, ein Gefüge von formalen Harmonien und inhaltlichen Bezüglichkeiten zu erzeugen, um die Idee, ein Thema, ein Motiv zu gesteigerter, die Sinne spontan ansprechender Erlebbarkeit zu bringen. (F10) (Abb. 6)
Der abstrahierende Impressionist, hatte seine Farbkultur sicherlich den Fauves, den französischen „Wilden“ mit ihrem Hauptmeister Matisse (1869-1954) zu verdanken. Seine formale Beherrschung der Bildfläche fußt hingegen auf der Tatsache, dass er zu einer Generation gehörte, die den Kubismus kennt und zu verarbeiten hatte (vgl. F2). Beispielhaft verdeutlicht dies das Gemälde Ohne Titel (2+1+8) von 1968. (Abb. 7) Hier vermag der Betrachter nichts Gegenständliches zu erkennen: keine Landschaft, keine Figur, kein Stillleben. Die Gesamtfläche des Bildes ist in Form und Farbe kompositorisch ausbalanciert. Ihre Unterteilung in Teilflächen, welche häufig Bezug nehmen auf die vertikale und horizontale Begrenzung des Bildrechtecks, ergänzt durch Diagonalen, die Dynamik und Räumlichkeit erzeugen, lässt an die Kompositionsschemata des Kubismus denken. Dessen unbunte Farbigkeit dominierender Braun- und Grautöne wird allerdings bei Ernst Weil durch die leuchtende Buntfarbigkeit der Fauves ersetzt. Außerdem blitzen informelle und tachistische Einflüsse in den freier gesetzten Akzenten auf, welche einen dynamischen Pinselduktus als Kontrast zu den von harten Kanten begrenzten Farbflächen setzen. Denkt man an die kubistischen Stillleben oder Frauenakte, die Pablo Picasso (1881-1973) oder Georges Braque (1882-1963) im Jahr 1911 malten, so könnte man durchaus diese beiden Inhalte auch auf die Werkgruppe Weils beziehen, zu der Ohne Titel (2+1+8) gehört. Für diese Werkgruppe ist charakteristisch, dass eine schwarze Form, welche an einen Tisch oder Stuhl denken lässt, im unteren Bereich eine Art stabilisierenden Sockel für die gesamte Komposition bildet. Die Nummernfolge des Titels macht allerdings deutlich, dass die hier besprochene Arbeit in einer Phase entstand, in der gegenständliche Bezüge zurücktraten und eine exquisite Farbkultur zum Hauptanliegen des Künstlers wurde. Die kryptisch wirkenden Titel mit ihren rätselhaft bleibenden Ziffernfolgen verweisen dabei auf Farbtheorien, mit welchen sich Weil damals intensiv auseinandersetzte. (Abb. 8)
Kurz vor seinem Lebensende gab es in Weils Schaffen einen überraschenden Wendepunkt - ähnlich wie in den Pariser Jahren: Er kehrte zur Figur zurück. In die konstruktiv ponderierte Farbskala seiner Bilder drängen zum Teil satte Inkarnatstöne, Ausdruck lebensvoller Fleischlichkeit. Eruptiv, im ungezügelten Gestus der Abbreviaturen des Abstrakten Expressionismus und der rohen Ausdrucksform der Art brut entladen sie sich über die Leinwand und bringen embryonale Figuren hervor. Diese sind Gestalt gewordene geballte Lebenskraft und Energie. Und doch sind sie eine unheimliche Erscheinung, reflektiert man Weils Lebenssituation zu diesem Zeitpunkt: Während einer Exkursion mit seiner Klasse 1966 in Prag hatte Weil einen Herzinfarkt erlitten, im Herbst 1980 einen Zweiten. Seitdem hatte er einen Herzschrittmacher. die Geburtsstunde der vitalen Wesen, die hauptsächlich weiblichen Geschlechts sind, fällt zeitlich etwa mit dem zweiten Herzinfarkt zusammen. (F11)
Resümee
Walter Fenn definierte, dass Ernst Weil den Höhepunkt seiner künstlerischen Entwicklung in den ersten zehn Jahren seiner Nürnberger Zeit erreichte. Dem kann nicht widersprochen werden, wenn Farbkultur und kompositorische Perfektion als Maßstab gewählt werden. Weil schöpfte aus den Möglichkeiten, welche ihm die Errungenschaften der Malerei des 20. Jahrhunderts zur Verfügung stellten - und setzte mit vielen seiner Werke ein ganz persönliches Highlight im Kontext der europäischen Kunstgeschichte, indem er Nürnberg eine späte Blüte der „klassischen“ Pariser Schule schenkte.
Dennoch darf das Potential, welches im Spätwerk Weils steckte nicht übersehen werden. Ina Müller hat richtig erkannt, dass das Thema Figur bzw. Mensch im Lebenswerk dieses Künstlers immer wieder auftaucht, wenn es nicht nur um den Elfenbeinturm der Kunst geht, sondern wenn sich Leben und Werk eng verzahnen und die existentiellen Probleme des Lebens zu neuen Fragestellungen in der Kunst führen. Der „Klassiker“ Ernst Weil blieb seiner Malerei treu, auch in den Zeiten, in denen Environment, Objekt- und Konzept-Kunst zu Headlinern der Kunstszene wurden. Seine letzten Bilder sollten auch in Bezug gesetzt werden zur wieder erstarkten sogenannten „Wilden Malerei“ der 1980iger-Jahre, wodurch Weils vitale Zeitgenossenschaft zu den damals jungen Malern deutlich wird. (Abb. 9-12)
Der Richtungspfeil im Werk des Malers Ernst Weil weist eindeutig auf die späten Bilder. Dort findet er sein Ziel, - erreicht durch Neugier, Intuition, Beharrlichkeit, Annahme der inneren Unruhe und durch unerbittliche Arbeit, gerichtet auf das sich nur langsam enthüllende Ziel. Ich wünsche sehr, dass dieses geleistete Ergebnis in die wirksamen Bestände der Kunst unserer Zeit eingehen möchte. (F12)
Walter Fenn definierte, dass Ernst Weil den Höhepunkt seiner künstlerischen Entwicklung in den ersten zehn Jahren seiner Nürnberger Zeit erreichte. Dem kann nicht widersprochen werden, wenn Farbkultur und kompositorische Perfektion als Maßstab gewählt werden. Weil schöpfte aus den Möglichkeiten, welche ihm die Errungenschaften der Malerei des 20. Jahrhunderts zur Verfügung stellten - und setzte mit vielen seiner Werke ein ganz persönliches Highlight im Kontext der europäischen Kunstgeschichte, indem er Nürnberg eine späte Blüte der „klassischen“ Pariser Schule schenkte.
Dennoch darf das Potential, welches im Spätwerk Weils steckte nicht übersehen werden. Ina Müller hat richtig erkannt, dass das Thema Figur bzw. Mensch im Lebenswerk dieses Künstlers immer wieder auftaucht, wenn es nicht nur um den Elfenbeinturm der Kunst geht, sondern wenn sich Leben und Werk eng verzahnen und die existentiellen Probleme des Lebens zu neuen Fragestellungen in der Kunst führen. Der „Klassiker“ Ernst Weil blieb seiner Malerei treu, auch in den Zeiten, in denen Environment, Objekt- und Konzept-Kunst zu Headlinern der Kunstszene wurden. Seine letzten Bilder sollten auch in Bezug gesetzt werden zur wieder erstarkten sogenannten „Wilden Malerei“ der 1980iger-Jahre, wodurch Weils vitale Zeitgenossenschaft zu den damals jungen Malern deutlich wird. (Abb. 9-12)
Der Richtungspfeil im Werk des Malers Ernst Weil weist eindeutig auf die späten Bilder. Dort findet er sein Ziel, - erreicht durch Neugier, Intuition, Beharrlichkeit, Annahme der inneren Unruhe und durch unerbittliche Arbeit, gerichtet auf das sich nur langsam enthüllende Ziel. Ich wünsche sehr, dass dieses geleistete Ergebnis in die wirksamen Bestände der Kunst unserer Zeit eingehen möchte. (F12)
- H. B. Bock: Porträt des Malers und Pädagogen Ernst Weil. Von der Seine an die Pegnitz. Erschienen in: Abendzeitung, 28.10.1965
- eb: Boxen ist Ballett. Werkstattgespräch mit Prof. E. Weil. Erschienen in: Nürnberger Zeitung, 12.5.1966
- Ohne Verfasserangabe: Eigenwillige Gestaltung. Werkstattgespräch mit Ernst Weil. Erschienen in: Nürnberger Nachrichten, 11.5.1966
- W.W.: Werkstattgespräch mit Ernst Weil: Zeichner im Boxring. Erschienen in: Abendzeitung, 11.5.1966
- eb: Boxen ist Ballett. Werkstattgespräch mit Prof. E. Weil. Erschienen in: Nürnberger Zeitung, 12.5.1966
- Thomas Weil: Thomas Weil über Ernst Weil, Ausstellungsauslage, Kunstforum Diessen, 2004, Nachlass Ernst Weil
- Ina Müller: Ernst Weil. Leben und Werk, Dissertation, Ruprecht-Karls-Universität. Heidelberg, 1998, S. 157
- Walter Fenn: Nie von der Natur entfernt,. In diesem Jahr wäre er siebzig geworden: Gedenkausstellung für Ernst Weil beim Kunstverein Erlangen. Erschienen in: Nürnberger Nachrichten, 18.1.1989
- Walter Fenn: Natur im Spiegel eines Temperaments. Arbeiten von Ernst Weil und Jan Koblasa im Graphischen Kabinett der Kunsthalle. Erschienen in: Nürnberger Nachrichten, 21./22.9.1967
- Ernst Weil, undatierte Aktennotiz (wahrscheinlich 1973) von Karl Heinz Schreyl, Grafische Sammlung der Museen der Stadt Nürnberg, zitiert nach Ina Müller: Ernst Weil. Leben und Werk, Dissertation, Ruprecht-Karls-Universität. Heidelberg, 1998, S. 220
- Ina Müller: Ernst Weil. Leben und Werk, Dissertation, Ruprecht-Karls-Universität. Heidelberg, 1998, S. 224
- Werner Haftmann: Im Gedenken an Ernst Weil, in: Albrecht-Dürer-Gesellschaft Nürnberg (Hg.): Ernst Weil. 1919-1981, Ausst. Kat. Norishalle. Nürnberg 1983, S. 14