Leiko Ikemura
Günter Braunsberg / Ulrike Alex: Leiko Ikemura. Last und Lust, 1983
in: AUS DER SAMMLUNG. Seit 25 Jahren, Kunsthalle Nürnberg 1992, S. 30-31
in: AUS DER SAMMLUNG. Seit 25 Jahren, Kunsthalle Nürnberg 1992, S. 30-31
Last und Lust, 1983
Mischtechnik auf Baumwolle, 184 x 244 cm
erworben 1983 für die Sammlung internationaler zeitgenössischer Kunst der Stadt Nürnberg
Dauerleihgabe im Neuen Museum Nürnberg
Die Zeichnungen sind für mich Jetzt und das Malen hingegen, wegen des Widerstandes, bedeutet Wege.
Leiko Ikemura unterscheidet deutlich zwischen Zeichnung und Malerei. Die erstere verkörpert für sie Spontaneität im Jetzt und Hier. Sie dient der unmittelbaren Niederschrift der aus dem Unbewussten auftauchenden Zeichen, die sich mit Leichtigkeit zu symbolträchtigen, rätselhaften Geschichten von Mensch und Natur, Wachstum und Zerstörung, Mann und Frau zusammenfügen (vgl.: AUS DER SAMMLUNG. Zeichnungen und Druckgrafik, 1990, S. 29). Malerei hingegen heißt ringen - mit sich und mit dem Werk. Deshalb ist der Entstehungsprozess des Gemäldes vergleichsweise mühsam und viel stärker vom Verstand gelenkt, als vom Unterbewusstsein. Auf dem Wege zum symbolträchtigen Ziel weicht die Leichtigkeit der schnellen Niederschrift der Schwere des langwierigen Durchdenkens und Durchformens.
Nein, die Zeichnung ist das bessere Mittel, um Gedanken auszudrücken, denn die Malerei ist komplexer und eine organischere Beschäftigung. Nur haben die wenigsten Europäer vor dem 20. Jahrhundert die Zeichnung als autonome Kunstsprache gepflegt, und auch jetzt sind Zeichnungen sehr oft nur Entwürfe von Ideen. Leider.
Mischtechnik auf Baumwolle, 184 x 244 cm
erworben 1983 für die Sammlung internationaler zeitgenössischer Kunst der Stadt Nürnberg
Dauerleihgabe im Neuen Museum Nürnberg
Die Zeichnungen sind für mich Jetzt und das Malen hingegen, wegen des Widerstandes, bedeutet Wege.
Leiko Ikemura unterscheidet deutlich zwischen Zeichnung und Malerei. Die erstere verkörpert für sie Spontaneität im Jetzt und Hier. Sie dient der unmittelbaren Niederschrift der aus dem Unbewussten auftauchenden Zeichen, die sich mit Leichtigkeit zu symbolträchtigen, rätselhaften Geschichten von Mensch und Natur, Wachstum und Zerstörung, Mann und Frau zusammenfügen (vgl.: AUS DER SAMMLUNG. Zeichnungen und Druckgrafik, 1990, S. 29). Malerei hingegen heißt ringen - mit sich und mit dem Werk. Deshalb ist der Entstehungsprozess des Gemäldes vergleichsweise mühsam und viel stärker vom Verstand gelenkt, als vom Unterbewusstsein. Auf dem Wege zum symbolträchtigen Ziel weicht die Leichtigkeit der schnellen Niederschrift der Schwere des langwierigen Durchdenkens und Durchformens.
Nein, die Zeichnung ist das bessere Mittel, um Gedanken auszudrücken, denn die Malerei ist komplexer und eine organischere Beschäftigung. Nur haben die wenigsten Europäer vor dem 20. Jahrhundert die Zeichnung als autonome Kunstsprache gepflegt, und auch jetzt sind Zeichnungen sehr oft nur Entwürfe von Ideen. Leider.
Last und Lust steht zwischen Zeichnung und Malerei. Diese Ballung von Menschenkörpern, Fabelwesen und Naturfragmenten scheint auf einer spontan umgesetzten Idee zu beruhen, doch die durchkomponierten, leuchtenden Farben, die körperhaft ausgearbeiteten Gestalten und die klaren Gruppierungen von Einzelszenen, die wie die Teile eines Rituals wirken, zielen auf eine Gesamtsymbolik ab. Verbinden sich hier die wilden Dämonen shintoistischer Welterfahrung mit der in sich gekehrten, ruhigen Meditation des Zen-Buddhismus? Oder verkörpert die untere, alles tragende Gestalt eine Art Hl. Antonius, der wie ein Buddha des Westens weder von den Verführungen der Außenwelt, noch von eigenen Geistesgespinsten vom einmal eingeschlagenen Lebensweg abzulenken ist?
Leiko Ikemura kam 1973 aus Japan nach Europa, um Sprachen zu studieren. Doch bald wandte sie sich mit ganzer Kraft ihrer Kunst zu, in der sie ihre ostasiatischen Erfahrungen mit europäischen Anregungen verband, um schließlich innerhalb der breiten Strömung der "Neuen Wilden" eine ganz individuelle, künstlerische Sprache zu entwickeln. Eine wichtige Station im künstlerischen Werdegang von Leiko Ikemura bildete Nürnberg. Hier nahm sie bereits 1982 an der 2. lnternationalen Jugendtriennale + Meister der Zeichnung teil (Kat. S. 229). Hier konnte sie 1983, dank des Zeichenstipendiums, ein Jahr lang ungestört und intensiv arbeiten.
Als die Künstlerin im Mai 1983 nach Nürnberg kam, brachte sie keine einzige Arbeit mit. Sie wollte neu anfangen, sozusagen in der Zone Null, neu in einer fremden Stadt, die sie vorher noch nie gesehen hat, neu ihre nächste Umgebung, neu die Menschen, die ihr plötzlich in Nürnberg gegenüberstanden.
Unter Respektierung der persönlichen Intuitionen der jeweiligen Künstler und Künstlerinnen und der von ihnen verfolgten stilistischen Tendenzen ermöglichte es das international ausgeschriebene Zeichenstipendium Nürnberg seit 1981 jungen Talenten in Nürnberg zu leben und ohne äußere Einflussnahme die selbstgesteckten Ziele zu verfolgen. Auf diese Weise konnten durch die Stadt Nürnberg und vor allem durch das ungebrochene Engagement des Sponsors, der Firma Faber-Castell, bisher zwölf Künstler intensiv gefördert werden. In der jeweiligen, zum Stipendium gehörenden Einzelausstellung der Kunsthalle Nürnberg zeigten sie alljährlich ihre Ergebnisse. Dadurch, dass mindestens eine ihrer Arbeiten für die Kunsthalle Nürnberg angekauft wurde, ist heute in der Sammlung ein Werkblock vorhanden, in dem zum Teil international bekannt gewordene Künstler durch charakteristische Arbeiten vertreten sind (vgl. lan McKeever und Nanne Meyer auf S. 28 und S 29 in diesem Katalog).
(Zitate von Ikemura u. a.: Leiko Ikemura, Kunsthalle Nürnberg, 1983, S. 12 und S. 13)
Leiko Ikemura kam 1973 aus Japan nach Europa, um Sprachen zu studieren. Doch bald wandte sie sich mit ganzer Kraft ihrer Kunst zu, in der sie ihre ostasiatischen Erfahrungen mit europäischen Anregungen verband, um schließlich innerhalb der breiten Strömung der "Neuen Wilden" eine ganz individuelle, künstlerische Sprache zu entwickeln. Eine wichtige Station im künstlerischen Werdegang von Leiko Ikemura bildete Nürnberg. Hier nahm sie bereits 1982 an der 2. lnternationalen Jugendtriennale + Meister der Zeichnung teil (Kat. S. 229). Hier konnte sie 1983, dank des Zeichenstipendiums, ein Jahr lang ungestört und intensiv arbeiten.
Als die Künstlerin im Mai 1983 nach Nürnberg kam, brachte sie keine einzige Arbeit mit. Sie wollte neu anfangen, sozusagen in der Zone Null, neu in einer fremden Stadt, die sie vorher noch nie gesehen hat, neu ihre nächste Umgebung, neu die Menschen, die ihr plötzlich in Nürnberg gegenüberstanden.
Unter Respektierung der persönlichen Intuitionen der jeweiligen Künstler und Künstlerinnen und der von ihnen verfolgten stilistischen Tendenzen ermöglichte es das international ausgeschriebene Zeichenstipendium Nürnberg seit 1981 jungen Talenten in Nürnberg zu leben und ohne äußere Einflussnahme die selbstgesteckten Ziele zu verfolgen. Auf diese Weise konnten durch die Stadt Nürnberg und vor allem durch das ungebrochene Engagement des Sponsors, der Firma Faber-Castell, bisher zwölf Künstler intensiv gefördert werden. In der jeweiligen, zum Stipendium gehörenden Einzelausstellung der Kunsthalle Nürnberg zeigten sie alljährlich ihre Ergebnisse. Dadurch, dass mindestens eine ihrer Arbeiten für die Kunsthalle Nürnberg angekauft wurde, ist heute in der Sammlung ein Werkblock vorhanden, in dem zum Teil international bekannt gewordene Künstler durch charakteristische Arbeiten vertreten sind (vgl. lan McKeever und Nanne Meyer auf S. 28 und S 29 in diesem Katalog).
(Zitate von Ikemura u. a.: Leiko Ikemura, Kunsthalle Nürnberg, 1983, S. 12 und S. 13)