Texte
Lisa Haselbek
Günter Braunsberg: Lisa Haselbek: Ornamentfeld, 2010
Sebalduskirche, Nürnberg
Pressetext:
Lisa Haselbek nutzt ein Pfeilerbündel im Ostchor der Nürnberger Sebalduskirche für ihr Ornamentfeld. Anstelle des blanken Steins tritt jetzt Farbe auf! Dies irritiert manche Kirchenbesucher, denn wir sind es gewohnt, dass mittelalterlich geprägte Kirchen keine Farbe zeigen, sondern die rohe Struktur ihrer gemauerten Architektur. Aber ursprünglich traten romanische und gotische Bauten sehr viel bunter auf als heute!
Die formale Gestaltung der aktuellen Arbeit von Lisa Haselbek geht zurück auf ihre Auseinandersetzung mit dem Thema Ornament. Seit Jahrhunderten durchdachten Künstler, Kunsthandwerker und Architekten die Möglichkeiten durch systematische Formverschiebungen, Drehungen und Spiegelungen virtuose Flächengestaltungen zu entwickeln. Die Mathematiker entdeckten dieses Thema erst im späten 19. Jahrhundert für sich, indem sie von den Gesetzmäßigkeiten dreidimensionaler Kristalle ausgingen und diese auch für zweidimensionale Flächen durchrechneten. Sie entdeckten, dass siebzehn Symmetriegruppen möglich sind, die sich interessanterweise alle in der Alhambra in Granada und bei anderen Bauten der Vergangenheit finden. Eine Besonderheit der europäischen Kunstgeschichte bestand darin, dass die klassische Moderne des zwanzigsten Jahrhunderts, insbesondere das Bauhaus, das Ornament verachtete. Das Thema verschwand von der Agenda der Künstler. Erst seit wenigen Jahrzehnten ist das Ornament wieder aktuell.
Lisa Haselbek bezieht sich in ihrer Arbeit auf die Systematik der siebzehn Symmetriegruppen. Aber sie trifft eine kreative Auswahl und gestaltet ihr Werk indem sie unterschiedliche Möglichkeiten überlagert und so zu einer neuen organischen Einheit führt, die sich auf die gewölbten Flächen des von ihr ausgewählten Bildträgers=Pfeilerbündels bezieht.
Inhaltlich schlägt sie einen Bogen vom christlichen Kirchenraum zu anderen Kulturen, wie zum Beispiel dem Islam, um damit anzudeuten, dass spirituelle Erfahrung und transzendentale Verankerung eine religionsübergreifende Menschheitsidee ist.
Trotz dieser weltumspannenden Dimension korrespondiert das 2010 entstandene Ornamentfeld in allererster Linie mit der mittelalterlichen Architektur und den aus mehreren Jahrhunderten stammenden Kunstwerken des kunsthistorisch sehr bedeutenden Kirchenraums der Sebalduskirche. Die gestalterische Kreativität der Vergangenheit wird durch Lisa Haselbek über unsere Gegenwart in Richtung Zukunft fortgesetzt. Kirchenräume und „Kirche“ haben sich stets weiterentwickelt. Sie sind keine erstarrten historischen Räume, sondern - bei aller Verankerung in Vergangenheit und Transzendenz - vor allem Orte des Jetzt und Hier.
Bei Interesse an Abbildungsmaterial und weiteren Informationen:
[email protected]
Fotos: Willi Bauer, iuf.de
Günter Braunsberg: Lisa Haselbek: Ornamentfeld, 2010
Sebalduskirche, Nürnberg
Pressetext:
Lisa Haselbek nutzt ein Pfeilerbündel im Ostchor der Nürnberger Sebalduskirche für ihr Ornamentfeld. Anstelle des blanken Steins tritt jetzt Farbe auf! Dies irritiert manche Kirchenbesucher, denn wir sind es gewohnt, dass mittelalterlich geprägte Kirchen keine Farbe zeigen, sondern die rohe Struktur ihrer gemauerten Architektur. Aber ursprünglich traten romanische und gotische Bauten sehr viel bunter auf als heute!
Die formale Gestaltung der aktuellen Arbeit von Lisa Haselbek geht zurück auf ihre Auseinandersetzung mit dem Thema Ornament. Seit Jahrhunderten durchdachten Künstler, Kunsthandwerker und Architekten die Möglichkeiten durch systematische Formverschiebungen, Drehungen und Spiegelungen virtuose Flächengestaltungen zu entwickeln. Die Mathematiker entdeckten dieses Thema erst im späten 19. Jahrhundert für sich, indem sie von den Gesetzmäßigkeiten dreidimensionaler Kristalle ausgingen und diese auch für zweidimensionale Flächen durchrechneten. Sie entdeckten, dass siebzehn Symmetriegruppen möglich sind, die sich interessanterweise alle in der Alhambra in Granada und bei anderen Bauten der Vergangenheit finden. Eine Besonderheit der europäischen Kunstgeschichte bestand darin, dass die klassische Moderne des zwanzigsten Jahrhunderts, insbesondere das Bauhaus, das Ornament verachtete. Das Thema verschwand von der Agenda der Künstler. Erst seit wenigen Jahrzehnten ist das Ornament wieder aktuell.
Lisa Haselbek bezieht sich in ihrer Arbeit auf die Systematik der siebzehn Symmetriegruppen. Aber sie trifft eine kreative Auswahl und gestaltet ihr Werk indem sie unterschiedliche Möglichkeiten überlagert und so zu einer neuen organischen Einheit führt, die sich auf die gewölbten Flächen des von ihr ausgewählten Bildträgers=Pfeilerbündels bezieht.
Inhaltlich schlägt sie einen Bogen vom christlichen Kirchenraum zu anderen Kulturen, wie zum Beispiel dem Islam, um damit anzudeuten, dass spirituelle Erfahrung und transzendentale Verankerung eine religionsübergreifende Menschheitsidee ist.
Trotz dieser weltumspannenden Dimension korrespondiert das 2010 entstandene Ornamentfeld in allererster Linie mit der mittelalterlichen Architektur und den aus mehreren Jahrhunderten stammenden Kunstwerken des kunsthistorisch sehr bedeutenden Kirchenraums der Sebalduskirche. Die gestalterische Kreativität der Vergangenheit wird durch Lisa Haselbek über unsere Gegenwart in Richtung Zukunft fortgesetzt. Kirchenräume und „Kirche“ haben sich stets weiterentwickelt. Sie sind keine erstarrten historischen Räume, sondern - bei aller Verankerung in Vergangenheit und Transzendenz - vor allem Orte des Jetzt und Hier.
Bei Interesse an Abbildungsmaterial und weiteren Informationen:
[email protected]
Fotos: Willi Bauer, iuf.de