Maria Bussmann
Günter Braunsberg: Maria Bußmann. Zur Ethik Spinozas
Text der Einladung zur ortart-Ausstellung, Spenglerstraße 5, Nürnberg, 2004
Maria Bußmann (geboren 1966 in Würzburg) ist in Nürnberg keine Unbekannte. Hier studierte sie an der Akademie der Bildenden Künste bei Prof. Reuter und gab ihr Debüt für die breitere Öffentlichkeit im Rahmen von positionen + tendenzen 1995 im Schloß Faber-Castell in Stein
mit architekturbezogenen Pflanzencollagen, an Reliquienschreine gemahnende, turmartige Papierobjekte sowie eine „Votiv“-Sammlung im gräflichen Vitrinen-Tischchen.
Text der Einladung zur ortart-Ausstellung, Spenglerstraße 5, Nürnberg, 2004
Maria Bußmann (geboren 1966 in Würzburg) ist in Nürnberg keine Unbekannte. Hier studierte sie an der Akademie der Bildenden Künste bei Prof. Reuter und gab ihr Debüt für die breitere Öffentlichkeit im Rahmen von positionen + tendenzen 1995 im Schloß Faber-Castell in Stein
mit architekturbezogenen Pflanzencollagen, an Reliquienschreine gemahnende, turmartige Papierobjekte sowie eine „Votiv“-Sammlung im gräflichen Vitrinen-Tischchen.
positionen + tendenzen. Junge Kunst in Franken 1995, Stein, Ausstellungskatalog S. 31-33
Der spezifische Charakter ihrer Arbeiten – gepaart mit dem tiefen Interesse der Künstlerin an religiösen und philosophischen Traditionen – legte von Anfang an eine Affinität zu Wien, der Stadt des Jugendstils und morbid-nekrophiler Tendenzen, nahe.
Der spezifische Charakter ihrer Arbeiten – gepaart mit dem tiefen Interesse der Künstlerin an religiösen und philosophischen Traditionen – legte von Anfang an eine Affinität zu Wien, der Stadt des Jugendstils und morbid-nekrophiler Tendenzen, nahe.
Die Künstlerin übersiedelte in die österreichische Hauptstadt, wo sie ein fester Bestandteil der dortigen Kunstszene wurde und seit 1999 an der Universität für angewandte Kunst lehrt. Im Rahmen ihres sehr interessanten Ausstellungsprojektes in Paris griff sie in Arbeiten aus Papier und anderen Materialien Anregungen dieser „alten“ Kunststadt auf – und in den letzten Jahren ist sie oft leichter in New York als in Europa erreichbar. Ich freue mich, dass dennoch endlich unser seit langem geplantes Projekt, die Serie Zur Ethik Spinozas in Nürnberg zu zeigen, realisiert werden kann.
Zur Ethik Spinozas gehört zu einer Werkgruppe von Zeichnungsserien, in denen sich Maria Bußmann systematisch mit den unterschiedlichsten Philosophen und Literaten auseinandersetzt. Gerade die Spinoza-Serie ist dabei für den Betrachter besonders interessant:
Wer liest heute noch diesen Philosophen? Sicher deutlich weniger als 1% der Bevölkerung. Außerdem gilt in zunehmendem Maße, dass frühere Formen der Kommunikation sich uns im Zeitalter der neuen Medien mehr und mehr entziehen.
Die Künstlerin zeigt hier einen neuen Zugang auf, indem sie die „alten“ schriftlich fixierten Gedanken in „neue“ Bilder (genauer: Bleistiftzeichnungen – zum Teil aquarelliert) überführt. Diese eröffnen aber dem Betrachter nicht nur einen Weg „zurück“ zu Spinoza, sondern ermöglichen vor allem auch eine ganz unmittelbare Auseinandersetzung mit Maria Bußmanns Arbeiten, die in erster Linie als faszinierende autonome Kunstwerke funktionieren und ihre sehr spezifische Aura entfalten.
Zur Ethik Spinozas gehört zu einer Werkgruppe von Zeichnungsserien, in denen sich Maria Bußmann systematisch mit den unterschiedlichsten Philosophen und Literaten auseinandersetzt. Gerade die Spinoza-Serie ist dabei für den Betrachter besonders interessant:
Wer liest heute noch diesen Philosophen? Sicher deutlich weniger als 1% der Bevölkerung. Außerdem gilt in zunehmendem Maße, dass frühere Formen der Kommunikation sich uns im Zeitalter der neuen Medien mehr und mehr entziehen.
Die Künstlerin zeigt hier einen neuen Zugang auf, indem sie die „alten“ schriftlich fixierten Gedanken in „neue“ Bilder (genauer: Bleistiftzeichnungen – zum Teil aquarelliert) überführt. Diese eröffnen aber dem Betrachter nicht nur einen Weg „zurück“ zu Spinoza, sondern ermöglichen vor allem auch eine ganz unmittelbare Auseinandersetzung mit Maria Bußmanns Arbeiten, die in erster Linie als faszinierende autonome Kunstwerke funktionieren und ihre sehr spezifische Aura entfalten.
Günter Braunsberg: Maria Bußmann: Altärchen
in: Jahresgaben 1995, Kunstverein Nürnberg, Albrecht Dürer Gesellschaft
in: Jahresgaben 1995, Kunstverein Nürnberg, Albrecht Dürer Gesellschaft
Maria Bußmann: Altärchen, 1993
Papier, Kreidegrund, gepresste Pflanzenteile, Höhe je ca. 15 cm
Foto: Bruno Weiss
Maria Bußmanns Werke schöpfen aus zwei Quellen: der religiösen Kunst der Vergangenheit und der Konservierung und Einbindung von "Natur". Ihre Jahresgaben vereinen beide Aspekte. Zum einen entstanden sie 1993 in einer Gruppe von 14 Arbeiten, die auf die 14 heiligen Nothelfer bezug nahmen. Zum anderen wurden Pflanzenteile gepresst, um sie dem naturgegebenen Verfall für einige Zeit zu entziehen und als Pflanzen-Reliquien zu integrieren. Jede Arbeit war ursprünglich einem Heiligen gewidmet. Das links abgebildete Beispiel dem
Hl. Christophorus, das rechte dem Hl. Nikolaus, dessen Großherzigkeit den Armen gegenüber drei goldene Kugeln symbolisieren. Obwohl die Künstlerin Gestaltungselemente aus der Ikonographie der Heiligen gewonnen hat, tritt beim Endprodukt der genau benennbare Ausgangspunkt als Bedeutungsträger zurück. Es geht nicht darum, Heiligenverehrung zu betreiben, sondern die Auseinandersetzung mit dem Alten führt zu neuen Werken, die aus heute vergessenen Sinnschichten ihre ganz spezifische Atmosphäre und Aura gewinnen, um sie in unsere Gegenwart und Zukunft hinüberzuretten. Es geht um die Fähigkeit zu verehren und zu bewahren.
Papier, Kreidegrund, gepresste Pflanzenteile, Höhe je ca. 15 cm
Foto: Bruno Weiss
Maria Bußmanns Werke schöpfen aus zwei Quellen: der religiösen Kunst der Vergangenheit und der Konservierung und Einbindung von "Natur". Ihre Jahresgaben vereinen beide Aspekte. Zum einen entstanden sie 1993 in einer Gruppe von 14 Arbeiten, die auf die 14 heiligen Nothelfer bezug nahmen. Zum anderen wurden Pflanzenteile gepresst, um sie dem naturgegebenen Verfall für einige Zeit zu entziehen und als Pflanzen-Reliquien zu integrieren. Jede Arbeit war ursprünglich einem Heiligen gewidmet. Das links abgebildete Beispiel dem
Hl. Christophorus, das rechte dem Hl. Nikolaus, dessen Großherzigkeit den Armen gegenüber drei goldene Kugeln symbolisieren. Obwohl die Künstlerin Gestaltungselemente aus der Ikonographie der Heiligen gewonnen hat, tritt beim Endprodukt der genau benennbare Ausgangspunkt als Bedeutungsträger zurück. Es geht nicht darum, Heiligenverehrung zu betreiben, sondern die Auseinandersetzung mit dem Alten führt zu neuen Werken, die aus heute vergessenen Sinnschichten ihre ganz spezifische Atmosphäre und Aura gewinnen, um sie in unsere Gegenwart und Zukunft hinüberzuretten. Es geht um die Fähigkeit zu verehren und zu bewahren.