Markus Kronberger
Günter Braunsberg: Markus Kronberger. "What you see is what you see"?
in: positionen + tendenzen. Junge Kunst in Franken 1995, Nürnberg 1995, S. 50 - 53
"What you see is what you see" ?
Ist das "Bild" das, was man sieht? Lässt sich das "Bild" als exakt berechnete Konstellation aus Farbe und Form definieren? In der Tat dominiert auf den ersten Blick der Eindruck: Einfachheit und Klarheit. Nur eine enge Auswahl von Farben und Formen werden zu gestalterischen Elementen. Diese verbindet kein statisches System, sondern eine bewegliche Balance aus der eine aktive Harmonie resultiert.
Die Selbstverständlichkeit, Eindeutigkeit und Perfektion solcher Bildfindungen verkörpert: Wenn das Glück vorbeikommt, soll man ihm einen Stuhl hinstellen (Abb. 1). Zwei Farben sind gemalt, aber der Betrachter sieht nicht nur Grün und Violett, weil sein Auge an den Kanten der Farb-Formen zusätzlich Farbstreifen (Türkis, Rot usw.) zu erkennen glaubt. Außerdem fällt es dem Auge schwer, innerhalb der Farb-Formen einheitliche Hell-Dunkel-Werte zu definieren. Licht- und Schattenwellen scheinen die Farbflächen zu überfluten. Das "Bild" pulsiert und atmet. Das Betrachten wird zu einem Erlebnis, dessen Mannigfaltigkeit besticht.
Jardin (Abb. 2) andererseits basiert zwar auf einem fast identischen Formrepertoire, bekommt aber durch seine Kombination von Gelb-Orange-Tönen einen völlig andersartigen Charakter: statt Kontrast Verwandtschaft. Die Helligkeit der Farben wird zur flutenden Lichterscheinung.
Zwischen den Räumen (Abb. 3) wiederum thematisiert sowohl die Aktivierung der Farben innerhalb der Farbflächen, als auch die Aktivierung der "neutralen", weiß gestrichenen Wand zwischen den nebeneinander platzierten Formelementen. Die Wand wird ein Teil des "Bildes".
Frank Stellas Satz "What you see is what you see" wurde am Ende der fünfziger Jahre zum Schlachtruf der Minimal Art. Das Bild sollte nicht mehr über sich selbst hinausweisen. Es sollte nur noch das sein, was es ist: Farbe und Form.
Markus Kronberger nimmt im Gegensatz dazu eine aktuelle Position ein, die für den offenen - und dennoch konsequenten - Kunstbegriff der neunziger Jahre steht. Für ihn ist das "Bild" kein in sich geschlossenes Gebilde. Das räumliche Umfeld wird in die gestalterischen Überlegungen ebenso integriert, wie inhaltlich Empfindungen und Denkprozesse eingeschlossen werden, die außerhalb des "Bildes" liegen können. Das "Bild" ist offen. Dennoch konzentriert sich Markus Kronberger auf die Ereignisse im "Bild". Er erforscht Farben und Formen und entwickelt aus dem Experiment heraus seine ureigene Interaction of Color. Die Wechselwirkung der Farben und Formen im "Bild" wird zur Grundlage einer intensiven Kommunikation zwischen "Bild" und Betrachter. Nicht distanzierte Wissenschaftlichkeit prägt diese Kunst, sondern unmittelbar miterlebbare Sinnlichkeit.